Viel Lärm um nichts – Shakespeare-Aufführung der Theatergruppe des Gymnasiums Marktbreit
Weit öffnet sich der Bühnenraum und zeigt eine luftige, großzügig angelegte italienische Kulisse, sehr gekonnt realisiert von Ulrike Dietrich-Knobling: Ein blumenbekränzter Torbogen, mediterrane Bäumchen; ein Gefühl von Weiträumigkeit und Kultiviertheit macht sich breit.
Die Handlung beginnt heiter: Ein Krieg wurde gewonnen, Fürst Don Pedro mit seinem Gefolge ist nach erfolgreicher Schlacht beim Gouverneur von Messina zu Gast und lässt sich feiern. Jakob Wagner verkörpert gekonnt den Patriarchen Don Pedro, der mit Witz und Umsicht für das Glück seiner Untertanen sorgt, aber genauso wie alle anderen nicht gewappnet ist gegen Täuschung und Lüge.
Der junge Graf Claudio, ein Gefolgsmann des Fürsten, verliebt sich in Hero, die Tochter des Gastgebers. Der Fürst übernimmt die Rolle des Brautwerbers, die Hochzeit wird vorbereitet. Währenddessen beschäftigt man sich unter der Leitung des Fürsten und seines Gastgebers damit, zwei andere Menschen zusammenzubringen, die bislang nur als Streitende ein Paar waren: den Edelmann Benedikt, ebenfalls aus des Fürsten Gefolge, und Beatrice, die Nichte des Gastgebers.
Hier entfaltet das Stück nun seine ganze Komik, und den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern gelingt es sehr gut, den Shakespeare’schen Sprachwitz zu erfassen und ins 21. Jahrhundert zu holen. Überzeugend spielt Bianca Steinmann den eingefleischten Junggesellen und selbsternannten Frauenhasser Benedikt, der Beatrice scharf und wortgewandt neckt und provoziert, wann immer die beiden sich begegnen. Und Beatrice, sehr gekonnt gespielt von Paula Leimeister, steht ihm rhetorisch in nichts nach: Originell und messerscharf entlarvt sie Unehrlichkeit und falschen Stolz, wo immer sie ihn findet. Man lacht mit den beiden, weil sie so schlagfertig sind in ihrem Kampf der Geschlechter. Und dann muss man über sie lachen, weil ihre gegenseitige Feindseligkeit durch eine kleine, gutgemeinte Intrige zusammenfällt wie ein Kartenhaus.
Inzwischen droht aber der Verbindung zwischen Hero und Claudio Unheil. Don John, der böse Halbbruder des Fürsten, möchte die Heirat vereiteln. Er behauptet, dass Hero ihren Claudio mit einem Liebhaber betrügt. In der Doppelrolle des Don Juan und des Leonato zeigt Henriette Braun ihr breit angelegtes schauspielerisches Talent. Den Leonato, der allen Freund zu sein versucht, spielt sie mit Witz und Leichtigkeit; und genauso souverän beherrscht sie die Rolle des melodramatischen Bösewichts Don Juan.
Die Intrige verfängt leicht im scheinbar so menschlich-kultivierten Messina. Claudio glaubt ihr, Don Pedro glaubt ihr auch und die Ehre von Hero ist quasi über Nacht keinen Pfifferling mehr wert. In ihrer Darstellung des Claudio wählt Adelina Leikam kleine, treffende Pointierungen. Der leicht beeinflussbare Claudio, der zu Beginn des Stücks sofort hingerissen von Hero war, ist genauso schnell bereit, einer Verleumdung über sie zu glauben. Hero, reizend gespielt von Anne-Sophie Blanke, kann nicht fassen, was mit ihr geschieht und fällt, als Hure auf ihrer eigenen Hochzeit beschimpft, wie tot zu Boden. Aber am Schluss, man ahnt es schon, wird alles gut und alle Liebenden kriegen einander.
Fotos: Ulrike Dietrich-Knobling
Florian Geißler hat zusammen mit seinen jungen Darstellerinnen und Darstellern eine gekonnte Inszenierung dieses Stücks um das Thema Schein und Sein auf die Bühne gebracht. In Messina wird gelauscht, getratscht, getäuscht und gelogen, mal aus gutem Willen und mal aus böser Absicht. Was auf einem Maskenball seinen Anfang nimmt, geht weit über den eigentlichen Ballabend hinaus: Alle Charaktere tragen die ganze Zeit Masken, hinter denen sie sich verstecken; vor allen anderen und nicht zuletzt auch vor sich selbst. Bei all der Täuschung fragt man sich, was überhaupt noch real ist und Rettung bringt. Shakespeare findet hier eine klare Antwort: die Liebe.
Diese beiden Hauptmotive, die Täuschung und die Liebe, werden gekonnt durch Musikstücke und Tänze verstärkt und auf innovative Weise ausgestaltet. Zum Beispiel tanzen die sechs Tänzerinnen aus der Oberstufe unter der Leitung von Iris Ruppert einen Maskentanz. Mal artig und grazil, mal mutiger und kokett zeigen sie mit ihrer Tanzeinlage, dass die Masken, die sie tragen, ihre Träger zugleich verhüllen und entlarven.
Martin Burkard setzt mit seinem Ensemble, bestehend aus Gesang, Klavier und Gitarre, Songs der Beatles geschickt ein, um die Nuancen der Liebe, wie sie im Stück zum Ausdruck kommen, zu unterstützen. Jeder der Songs passt haargenau und reißt das Publikum mit.
Alle Mitwirkenden haben zusammen sehr überzeugend gezeigt, mit wie viel Witz, Kunst und Charme man auf absolut bereichernde Weise „Viel Lärm um nichts“ machen kann.
Katja Schulte-Bockholt