Bewegender als jeder Unterricht

„Wirklich bewegend“ – das war das Résumée, das die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen des Gymnasiums Marktbreit aus dem ungewöhnlichen Theaterschauspiel zogen, das ihnen am Freitag, dem 27. Januar geboten wurde. Am internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust waren sie gemeinsam mit ihren Altersgenossen vom Armin-Knab-Gymnasium Kitzingen Zeugen von „Das Spiel von Dina und Jovan“, einer Bühnenversion der Jugenderinnerungen eines jüdischen Ehepaares. Beide hatten als Kinder den Holocaust überlebt, sich später kennengelernt und geheiratet, und nun, im Ruhestand, diese Erinnerungen zu Papier gebracht. Die Besonderheit dieses Stückes ist, dass die Protagonisten Dina und Jovan Rajs sich selbst spielen, und dabei von zwei jungen Schauspielern (Lisa Haucke und Joshua Engel) unterstützt werden, die je nach Bedarf in die Rolle der jungen Protagonisten oder in die von Angehörigen schlüpfen. Dieser stete Wechsel der Erzählebene und –zeit forderte die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Ob nun die Erinnerungen an das Kennenlernen im Jugendclub, an den Beginn der Tagebuchaufzeichnungen von Jovan Rajs im Lager Bergen-Belsen, oder auch an die steten Momente der Angst, man könnte die Tarnung der jungen Dina als Christin erkennen, all das war beklemmend spürbar, da man wusste, die beiden älteren Darsteller spielten keine fremde Rolle, sondern die eigene. Dabei war es kein Hindernis, dass Jovan Rajs selbst kein fließendes Deutsch sprach, dies wurde geschickt durch sein Alter Ego Joshua Engel immer wieder ausgeglichen. Der Umstand, dass sie die Deportation und Verfolgung mit Kinderaugen beobachteten, nahm den Schilderungen nichts von ihrer Härte, was man auch an der absoluten, konzentrierten Stille des Publikums während der gesamten Vorführung erkennen konnte.

Das Ehepaar gab nach der Vorstellung im anschließenden Gespräch den Jugendlichen bereitwillig Auskunft. Dabei räumten sie offen ein, wie schwer es für sie gewesen war, nach dem Krieg wieder die deutsche Sprache und Kultur zu akzeptieren, wie sehr es sie aber jetzt auch freute, gerade an einem solchen Ort jüdischen Lebens in Deutschland vor Jugendlichen zu stehen und ihnen ihre Botschaft mitgeben zu können, nämlich, dass die heutige Generation natürlich keine Schuld habe, wohl aber die Verantwortung, dass das Geschehene als Mahnung weiter beachtet werde. Gerade zu einer Zeit, in der diese Sichtweise in politischen Kreisen höchst aktuell herausgefordert wird, wirkt eine solche Begegnung für die Schülerinnen und Schüler wohl nachhaltiger und eindrücklicher als jede Geschichtsstunde.

Arno Richter